Fritz Schweiger
Operetta Research Center
19 November, 2018
Eine der bekanntesten und weit verbreiteten Gavotten ist die „Stephanie-Gavotte“, op. 312 von Alfons Czibulka. Diese wurde 1880 der Prinzessin Stephanie von Belgien gewidmet, die dann 1881 Kronprinz Rudolf heiratete. Im dritten Akt der Operette Der Glücksritter findet man das Gavotte-Terzett (Beatrice, Nancy und Königin; A-Dur, Nr. 16 im Klavierauszug) „Wenn sich drei Frauen fest verbanden“, die als Gavotte „Frauenlist“ (ohne Opuszahl) gedruckt wurde und von welcher Czibulka gemeint haben soll, dass sie noch erfolgreicher sein werde. Czibulka hat auch ein Menuett geschrieben, das „Fliegen-Menuett“ op. 380 aus der komischen Operette Der Bajazzo „Du, kleine Fliege, sollst mir summen, werd‘ ich noch lange müssen brummen“. In der Partitur ist es mit kleinen Änderungen zweimal zu finden (als Nr. 12 in Es-Dur und als Nr. 13 in C-Dur). Dort gibt es eine spätere handschriftliche Eintragung „War die Glanznummer Girardis. Dürfte über Begehren Girardis für den III. Akt komponiert worden sein, da es nicht im Textbuche auffindbar ist“. Gesungen soll es „So zart als möglich“ werden; die Begleitung besteht nur aus dem Streichquintett. Anzumerken sei, dass dem Komponisten mit dem „Liebestraum nach dem Balle“, op. 356, ein weiterer Welterfolg gelang. Die Gavotte war aber um diese Zeit ein beliebter Bestandteil der Salonmusik. Von Paul Lincke haben das Glühwürmchen-Idyll aus Lysistrata (das Terzett Nr. 10 „Wenn die Nacht sich niedersenkt“) und die Gavotte „Heimlich, still und leise kommt die Liebe“ aus dem Schwank Bis früh um fünfe [Schneidereit 1981:80], die später in Operette Im Reiche des Indra aufgenommen wurde (Terzett mit Damenchor Nr. 4), noch lange in der Unterhaltungsmusik einen festen Platz gehabt. Da mein Vater dieses Stück so geliebt hat, soll es noch erwähnt werden: „Nanette“, Gavotte Poupée, op. 142 von Robert Stolz „Pupperl, Pupperl, blonder Wiener Fratz“.
In Albinis Madame Troubadour liebt Vicomte Max de Voigommeux Henriette, die Frau des Marquis von Kergazon, die mit diesem allerdings nicht so glücklich zu sein scheint. Im Terzett Nr. 4 erscheint Chevalier, Kergazons alter, etwas hörbehinderter Onkel. Das fordert eine Gavotta in F-Dur heraus, denn der alte Herr stört, ist aber liebenswürdig und charmant „Ich bin erfreut, und muss gesteh’n: es ist bei Ihnen reizend schön.“ Allerdings heißt es dann bald „Es tut mir leid, doch muss ich geh’n, es war bei Ihnen reizend schön.“ Auch das Buffopaar Juliette und Joseph haben in Nr. 11 ein Tempo di Gavotta in A-Dur mit dem besinnlichen Text „Denk dir, ich sei ein Marquis, und setz‘ dich mir vis-a-vis“. Ein retardierendes Moment, denn es folgen ein Allegro, ein langsamer Walzer und schließlich ein Galopp. Da Baron Trenck um 1743 spielt, ist es keine Überraschung, wenn man dort fündig wird. In Nr. 7 (Introduktion, Chor und Melodram), welches im Lustschloss von Maria Theresia in Wien spielt, ist für die Bekanntmachung durch den Herold in der Polonaise ein Menuetto eingebettet, welches in späteren Nummern wieder verwendet wird. Im Duett zwischen Komtesse Lydia und Baron Trenck (Nr. 10) steht eine Gavotte (G-Dur). „Sie denken noch an jenes kleine Abenteuer?“ Im dramatischen Schluss des zweiten Aktes (Nr. 11) kommt sie wieder „Pardon, Comtesse, so sehr Ihr Interesse mich äußerst schmeichelhaft berührt“. Nun, am Ende kommen die beiden doch zusammen! Über die Operetten dieses eher unbekannten Komponisten schreibt Volker Klotz „Es handelt sich noch immer um musikalisch quicklebendige Stücke. Sie auch szenisch ins Leben zurückzurufen, wäre mehr als einen Versuch wert.“ (Klotz 2004:222).
Da Jarnos Förster-Christel um 1764 spielt, wird man auch dort fündig. Nr. 7 (Introduktion zum II. Akt) beginnt mit einer Intrada von Henry Purcell, an die sich eine Arie für Laute von Kaiser Josef I. anschließt. Dann kommt aber das Menuett (F-Dur) mit dem Vermerk Original-Composition zum Tanz der Hofdamen. In Nr. 9 folgt auf die Polonaise eine Gavotte (B-Dur), wo Obersthofmeister Graf Leoben Unterricht in höfischem Benehmen erteilt und Christel erklärt „Er ist sodann galant, küsst zärtlich ihre Hand“.
Die Gavotte als höfische Sitten karikierendes Moment finden wir in der Operette Das süsse Mädel (Schreibweise laut Klavierauszug) von Reinhardt. Nur kurz zur Handlung der damals erfolgreichen, heute eher vergessenen Operette: Graf Hans Liebenburg, etwas verschuldet, ist mit Lola Winter befreundet, die dem Onkel Graf Balduin Liebenburg als Freifrau Ebenstreit vorgestellt wird. Im Duettino Nr. 7 zwischen Lola und Hans tritt uns die Gavotte (zuerst Sehr gemessen und majestätisch) mit dem Text „Aber jetzt, aber jetzt bin ich gar so gesetzt, jeder Schritt ist voll Noblesse“ (F-Dur) entgegen, die dann einem Walzer weicht „Wenn eine Frau dich hat bezaubert, sag‘ es ihr ganz ungeniert“. Sie kommt im Finale des 2. Aktes (Nr.10) gegen Schluss wieder „Sie war ein süßes Mädel, das just so accurat in seiner besten Laune der Herrgott g’schaffen hat.“ In diesem Fall ist diese Resignation aber noch nicht das Ende der Operette!
In Leo Aschers Hoheit tanzt Walzer kommt die Gavotte nur als Terzett (Nr. 16) von Prinzessin Creszentia und Prinz Viktor, einstudiert unter der Leitung des unglücklich verliebten Musiklehrers Peperl Gschwandtner vor „Sind wir nicht ein entzückend, reizend Paar“ (C-Dur). Er hat Abschied genommen von Prinzessin Marie, von der die Mädel glauben, sie kenne kein Weh und kein Leid, aber sie wird standesgemäß heiraten. Er hat die Ernennung zum Hofkapellmeister erhalten, aber seine Worte „Schicksal, du hast mich klein gemacht!“ schließen die Operette. Unkundige meinen, dass der Verzicht erst mit dem späten Lehár in die Operette gekommen sei.
In Aschers Operette Was Mädchen träumen bestimmt eine graziöse Gavotte das Duettino der beiden Frauen Hanna und Jola „Ich glaube, ich wird‘ ihm gefallen, der Spiegel, er zeigt mir mein Bild.“ Dieses Werk ist wohl ganz vergessen, obwohl das Walzerlied „Komm, komm, ich wart‘ schon lang“, das die Operette durchzieht zu den schönsten Eingebungen dieses Genres zählt. Merkwürdigerweise fehlt dieses Werk in [Bauer 1955], aber [Vernik-Eibl 2011] bespricht es ganz kurz.
Klotz hat von der Musik mancher Wiener Komponisten keine große Meinung, denn über den Walzertraum von Oscar Straus schreibt er „ … selbst solche riskante musikalische Verlautbarungen meiden das Gemütsgesäusel und die konfektionelle Dudelfolklore der zeitgenössischen Wien-Operette à la Reinhardt und Eysler, Jarno und Ascher“ [Klotz 220:660]. Nun Reinhardt war von 1914 bis 1922 als Nachfolger des verstorbenen Eduard Kremser Präsident des 1913 gegründeten Österreichischen Komponistenbundes [Krones 2013].
Bei Leo Fall wird man zunächst nicht lange suchen müssen. Man wird in der Kaiserin nachsehen. Diese Operette beginnt mit einem Ensemble (Nr. 1), zunächst mit einem Menuett (G-Dur) und später singt der Chor eine Gavotte (As-Dur) „Silberhelle, sanfte Zauberklänge laden dich zum Tanze ein“. Übrigens: In Nr. 14 (Melodram und Duett) wird die Rokokostimmung durch ein Spinett betont. Die Melodie ist aus dem Klavierpart des Andante sostenuto (in F-Dur) der Sonate in C, KV 296, für Violine und Klavier. Da diese Sonate den Vermerk Mannheim 11.März 1778 trägt, ist die Verwendung in der Operette ein netter Anachronismus.
In Madame Pompadour wird der zweite Akt durch eine Gavotte (E-Dur) eröffnet (Nr. 7). Man wartet auf das Kommen der Marquise Mme. Pompadour, wo das retardierende Moment schon im Text ausgesprochen wird „Bemeisternd unsere Ungeduld warten wir auf die Audienz tief geneigt“. Im Finale diese Aktes (Nr. 12) tritt die Jagdgesellschaft zunächst im Marschzeitmaß auf, aber der König, ungeduldig sagt „Wo ist Madame?“, begleitet von einer Gavotte.
Nun in beiden Operetten geht es um höfische Szenerie. In Nr. 3 (Duett Alice und Hans) der Dollarprinzessin diskutieren Hans, der verarmte Freiherr von Schlick und Alice, die Tochter des Kohlenkönigs Couder über den Reitunterricht. In das Allegretto, quasi Marcia, welches das Trab-Trab hübsch nachahmt, wird zweimal eine beruhigende Gavotte eingestreut (E-Dur) „Bitte, bitte, bitte nicht so streng sein“.
Im Finale III der Ungarischen Hochzeit, welches im königlichen Schloss zu Preßburg spielt, wird von Marsch (C-Dur) und Menuett (G-Dur) die Atmosphäre am Hofe inszeniert. Das Menuett dient nicht allein zur Untermalung des Dialogs, sondern auch zum Aufbau der Spannung. Der jähe Wechsel nach einer langen Fermate von G-Dur zu Des-Dur unterstreicht dies. In dieser Tonart ringt sich Janka, die Tochter des Stuhlrichters Josef von Kismárty, letztlich durch, ihre Liebe zu Graf Stefan zu bekennen, was zur glücklichen Lösung (in F-Dur) führt.
Aber schon zu Zeiten von Johann Strauß war die Gavotte kein Gesellschaftstanz mehr, aber als Salonmusik war sie bis in das 20. Jahrhundert hinein beliebt. Im Verzeichnis der Tänze von Johann Strauß Sohn (1825-1899) findet man daher nur eine Gavotte, op. 391, die „Gavotte der Königin“, die, wie man unschwer errät, aus der Operette Das Spitzentuch der Königin stammt (aus Nr. 8 und Nr. 6). Ein Menuett habe ich zumindest in Cagliostro in Wien entdeckt. Es steht in Nr. 7, wo Cagliostro Baron Lieven ein geheimes Billet doux vorliest und wird in Nr. 14 nochmals als Tanzmelodie wiederholt, bevor es von einem Galopp abgelöst wird. Carl Michael Ziehrer (1843-1922) hat drei Gavotten. Die „Metternich-Gavotte“, op. 378, ist Pauline Sándor von Slawnica, die in jungen Jahren Richard Fürst Metternich ehelichte, gewidmet. Weiters dann die „Goldene Myrthe“, op. 495, aus der Operette Die Landstreicher. Der Titel bezieht sich auf die Goldene Hochzeit des Ehepaars Leitgeb in diesem Stück „Sei gepriesen, du lauschige Nacht“. Als Gavotte klingt sie schon in der Ouvertüre an. Das erste Thema entstammt dem Duett (Nr. 4) zwischen Fürst Gilka und Mimi „Wie war entzückt ich neulich, als ich im Theater Sie tanzen sah“. Letztlich die „Diplomaten-Gavotte“, op. 511, (der Ursprung dieser Benennung scheint unklar zu sein) nach Motiven der Operette Die drei Wünsche. Hier ist es das Duett zwischen der Baronin und Fedor (Nr. 7) „Da sind wir nun, die Rheinfahrt war berückend“.
Millöcker hat ein gewaltiges musikalisches Erbe hinterlassen, aber hat er auch eine Gavotte geschrieben? In Gräfin Dubarry findet sich als Nr. 15 eine Gavotte (E-Dur), gesungen von Dubarry, Lucette, d’Aiguillon, Vicomte und Leonard „Ja, das ist der neue Tanz Contredanse wird er genannt“. In der Operette Jung-Heidelberg, die von Ernst Reiterer aus dessen Musik zusammengestellt wurde gibt es ein Duett zwischen Irene und dem Prinzen (Nr. 11), welches an die bekanntere Szene zwischen Stella und Hans aus Rund um die Liebe erinnert „Es gibt Dinge, die muss man vergessen“ (Nr. 13). Hier kommt nach den Worten „Das Geschick sagt leider Nein“ eine Gavotte (G-Dur) „Ach zu jeder Stunde träumt ich von dem Munde, von dem dunklen Augenpaar und von dem Lockenhaar“. Es konnte bisher nicht deren Original gefunden werden.
Gehen wir zu Franz Lehár! Wenn Eva (die Titelheldin der Operette Eva) sich mit Pepita Desirée (Pipsi genannt) in Paris trifft, wird eine distinguiert wirkende Gavotte (C-Dur) angestimmt (Nr. 15) „Wenn die Pariserin spazieren fährt“, die über Toiletten und Männer räsonniert. Wenn der Blick aber mehr nach innen geht, so wird im Tempo di Marcia gesungen „Manches diskret man zeigt, doch noch viel mehr man lieber verschweigt“.
Wenn in Lehárs Wiener Frauen Frau Schrott ihrer Tochter Claire die Erziehung zur Ehe erklärt (Nr. 5), so tut sie das natürlich in einer Gavotte (C-Dur) „Liebe Tochter, hör auf mich, junge Frau braucht manchen Kniff und Schlich.“ Wenn in Endlich allein zwischen Tilly, der Tochter der verarmten Gräfin Konstanze Dachau und Graf Willibald Splenningen ein zartes Verhältnis aufblüht, so wird nach einem einleitenden Tempo di Marcia eine Gavotte (C-Dur) gewählt „Süße kleine Tilly, Engel der Pension, glaube mir, dein Willy ist der Rechte schon!“ Gegen Schluss des Duetts wird die Melodie für eine pantomimische Tanzszene als Valse variiert. Interessant ist Finale I (Nr. 8), wo Willy auftragsgemäß Dolly den Hof machen soll, aber dies mit den Worten „Süße kleine Tilly“ tut. Seine Verwirrung wird musikalisch kodiert, denn er singt im 2/4-Takt, aber die Begleitung spielt im 6/8-Takt. Es sei erwähnt, dass die Verarmung der Dachaus von Tilly im ersten Akt beklagt wird „Hätt‘ man dies, was alle Welt für Chimäre hält … Dies dumme bisserl Geld!“
Einmal ist Lehár in den mythologischen Spuren Offenbachs gewandelt als er den Amphitryonstoff im Göttergatten vertonte. Im Tempo di Gavotte tanzt Terpsichore mit den anderen Musen in der Introduction (Nr. 1), allerdings nur acht Takte lang. Aber als Lied gehört die Gavotte zu Juno. „Sieh mich doch nur an, du Bösewicht“ belehrt sie (Nr. 2, in C_Dur) Jupiter, der im gleichen Tonfall repliziert „Gib‘ doch zu, ich bin ein Ehemann, wie du keinen bessern finden kannst“. Juno hat noch eine zweite Gavotte (Nr. 15, D-Dur) „Jeder Mann glaubt, seine Frau, sie sei, schau schau, mehr dumm als schlau!“. Übrigens: Der Cancan am Ende von Nr. 16 kann sich durchaus mit Offenbach messen!
Franz Lehár, ein genialer Melodiker, nahm es mit der „doppelten Kodierung“ oft nicht so genau. Dazu ein Beispiel: Wer kennt nicht das wunderbare Duett (Nr. 4) aus dem Land des Lächelns „Bei einem Tee à deux in selig süßer Näh‘, wie ist das fein!“. Romantisch, zart exotisch! Aber in der frech fröhlichen Vorlage Die Gelbe Jacke heißt es im Duett der Frauen Lea und Mi zu dieser Melodie „Das ist modern und chik, ein kleiner Galgenstrick ist jede Frau“. So hat auch Lehár die Gavotte (Refrain in Nr. 9) aus dem Sterngucker „Muss denn jeder gleich ein Eh’mann sein, nein, der starke Mann ist gern allein“, die in behäbigem Es-Dur etwas hochtrabend klingt, im Libellentanz anders verwendet. Im Entrée (Nr.8) der jungen Witwe Helene Cliquot wirkt sie, in E-Dur geschärft, verlockend „Schminke, Puder sind das Arsenal, hatt‘ man’s nicht, das wäre höchst fatal“.
Im zweiten Bild der Operette Die blaue Mazur, welches den vielsagenden Titel „Die alten Knaben“ trägt (Nr. 8), singen Freiherr von Reiger, Edler von Planting und Klammdatsch die Gavotte „Verrauscht sind längst der Jugend Zeiten“. In Wehmut wird im alten Stil der Erinnerung gedacht.
In Paganini kündigt im Finale II (Nr. 14) Marchese Pimpinelli, der Kammervorsteher der Fürstin Anna Elisa, an „Mademoiselle Bella Giretti und das Corps du Ballet singen und tanzen ein Menuett“. Diese ist in a-Moll und A-Dur geschrieben „Spiel‘, kleine Silberflöte die Melodei, locke uns den Amor, den losen, geschwind herbei“, was im fürstlichen Schloss zu Lucca wohl angemessen erscheint. Dieses Menuett ist ein retardierendes Moment, denn schon warten die Polizeisoldaten um Paganini zu verhaften.
Bei Offenbach ist das Menuett schon als spöttisches Element eingesetzt. In Orpheus in der Unterwelt (= Orphée aux enfers ) tanzen Jupiter mit Euridyke, Pluto mit Venus ein Menuett (G-Dur, mit tragischen Einsprengseln in g-Moll; Nr. 17) „Maintenant je veux, moi, qui suis mince et fluet“ . Lange hält das aber die Unterwelt nicht durch! Der bekannte Galopp löst die feierliche Stimmung auf.
Bei Kálmán ist die Gavotte nur spärlich vertreten. In Kaiserin Josephine, der Neuauflage des Kleinen Königs findet man ein Tempo di Gavotte in Nr. 4 (Gavotte und Lied des Buonaparte; H-Dur). Ein gewisser Hippolyte Charles fordert Josephine zum Tanz auf, Buonaparte bleibt sinnend stehen. Im Finaletto Nr. 5 dienen acht Takte dieser Gavotte zur Untermalung, wenn Josephine fragt „Wer ist dieser kleine, sonderbare Offizier?“ Sie kehrt wieder im Melodram (Nr. 10a). wenn Josephine schläft. Obwohl die Gavotte gut zum höfischen Kontext des Stückes passt, ist sie auch hier mit Konversation verbunden. Eine kleine Überraschung mag es sein, dass man in Gold gab ich für Eisen ein Menuett findet (N°51/2, N°103/4, N°11 und N°17). Es soll an einigen Stellen von einer Spieluhr (Celesta) vorgetragen werden, ist aber die Melodie des Duetts „Stell’s linke Haxel vor“ zwischen der Haushälterin Stanzi und dem Großbauern Vitus und geht immer wieder in einen langsamen Walzer über. Das Menuett wirkt eher wie Nostalgie, das höfische Moment ist nur angedeutet, denn Karoline Baronin von Gubendorf ist die Mutter von Marlene und Franz, dessen vermeintlicher Tod dieses Stück durchzieht. Viel zu selten hat es in den Kriegen ein versöhnliches Ende gegeben, wo wie hier Franz in den Schlussminuten des Singspiels wiederkehrt. Über den Vorgänger Az obsitos aus dem Jahre 1910 und einiges mehr zum Stück informiert [Frey 2001].
Zur Neugestaltung des Kleinen Königs sei angemerkt, dass sich einige Nummern in die „große Operette“ übersetzen ließen, aber misslungen ist die Verwendung des netten Mansardenliedes (Nr. 6 im Kleinen König) „Gäbs nur ein Stübchen für uns beide allein“ in Bonapartes pathetisches Lied „Flammen der Liebe versengen mein Blut“ (Nr. 9).
Im Walzertraum hat Oscar Straus eine Gavotte eingebaut, den Entr’akt zum dritten Akt (Nr. 16). Sie besteht aus drei Teilen, einem Allegretto grazioso in Es-Dur, die die drängende Begleitmusik zu Helenes banger Frage „Mein lieber Freund, du lässt mich lang allein?“ war, aus dem Buffoduett (Nr. 14 im 2/4-Takt), welches aus pfiffigem E-Dur in Es-Dur versetzt wurde, und aus einem Grazioso „Du bist doch mein Mann, mein eigener Mann“ in As-Dur (schon in Nr. 5 in erwartungsfrohem A-Dur „Ich hab‘ einen Mann, meinen eigenen Mann“ zu finden). Dieses ist aber vom lebensvollen 6/8-Takt in den gravitätischen Takt alla breve versetzt worden. Das retardierende Moment nach dem Eklat am Ende des zweiten Aktes und vor der erhofften glücklichen Lösung ist unverkennbar. Die glückliche Lösung ist allerdings durch Franzis Verzicht getrübt „Und ich geh‘ wieder arm von hier weg, aber das macht nix!“
Eine der letzten Gavotten findet sich wohl in My Fair Lady. Es ist dies die Ascott Gavotte (Nr. 11, Nr. 12), wo der Chor der am Pferderennen oder an der Society Interessierten singt „Ev’ry duke and earl and peer is here“. Es wird damit die Gesellschaft karikiert, aber auch die Erwartung verdeutlicht.
Musikalische Quellen
Der Bajazzo. Operette in drei Akten. T: Victor Léon (und Heinrich von Waldberg; wird auf dem Titelblatt der Partitur nicht genannt) M: Alfons Czibulka Partitur: M. H. 8913 Wiener Stadt-Bibliothek UA: Theater an der Wien, 7.12.1892
Baron Trenck (Der Pandur). Operette in drei Akten T: M. Willner und R. Bodanzky M: Felix Albini KA: Doblinger D. 3940 UA: Leipzig 1908, EA in Wien: Kaiserjubiläums-Stadttheater (Volksoper), 29.10.1909
Die blaue Mazur. Operette in zwei Akten (drei Bildern) T: Leo Stein und Béla Jenbach M: Franz Lehár KA: W. Karczag W. K. 1515 UA: Theater an der Wien, 28.5.1920
Cagliostro in Wien. Operette in drei Acten. T: Richard Genée und F. Zell. M: Johann Strauß. KA: Aug. Cranz F. S. 23932 UA: Theater an der Wien, 27. 2. 1875
Die Dollarprinzessin. Operette in drei Akten. T: N. M. Willner und F. Grünbaum M: Leo Fall KA: Breitkopf & Härtel, K. & W. 148, UA: Carltheater Wien 2.11.1907
Die drei Wünsche. Operette in einem Vorspiel und zwei Akten. T: L. Krenn und C. Lindau M: Carl Ziehrer KA: Ludwig Doblinger D. 2553 UA: Carltheater Wien, 9.3.1901
Endlich Allein. Operette in drei Akten T: Dr. A. M. Willner und Robert Bodanzky M: Franz Lehár KA: W. Karczag W. K. 921 UA: Theater an der Wien, 30.1.1914
Eva. Operette in drei Akten T: Dr. A. M. Willner und Robert BodanskyM: Franz Lehár KA: Ludwig Doblinger D 4789 UA: Theater an der Wien, 24.11.1911
Die Förster-Christel Operette in drei Akten. T: Berhard Buchbinder M: Georg Jarno KA: Harmonie Verlag Ch. 198 UA: Theater in der Josefstadt17.12.1907
Die Gelbe Jacke. Operette in drei Akten. T: Victor León M: Franz Lehár KA: W. Karczag W. K. 1571 UA: Theater an der Wien, 9.2.1923
Der Glücksritter. Operette in drei Akten T: Richard Genée, Wilhelm Mannstädt und Bruno Zappert M: Alfons Czibulka KA: Wien Gustav Lewy G. I. H. 291, Partitur M. H. 8912 Wiener Stadt-Bibliothek UA: Carltheater Wien 22.12.1887
Gold gab ich für Eisen. Singspiel in einem Vorspiel und zwei Akten (nach einer Grundidee von Karl von Bakonyi). T: Victor León M: Emmerich Kálmán KA: W. Karczag K. W. 812 UA: Theater an der Wien, 17.10.1914
Der Göttergatte. Operette in einem Vorspiel und zwei Akten T: Victor León und Leo Stein M: Franz Lehár KA: Doblinger D. 3111 UA: Carltheater Wien, 20.1.1904
Gräfin Dubarry Komische Oper in drei Akten T: F. Zell und Richard Genée M: Carl Millöcker KA: Aug. Cranz in Hamburg C 26920 UA: Theater an der Wien, 31.10.1879
Hoheit tanzt Walzer. Operette in drei Akten. T: Julius Brammer und Alfred Grünwald. M: Leo Ascher KA: W. Karczag W. K. 845, UA: Raimundtheater 24.2.1912, Theater an der Wien 26.3.1912
Im Reiche des Indra. Operette.T: Heinz Bolten-Baeckers und Hans Brennecke M: Paul Lincke KA: Apollo-Verlag AV 5886 (Ausgabe 1928) UA: Apollotheater Berlin, 18.12. 1899
Jung-Heidelberg Operette in drei Akten T: L. Krenn und C. Lindau M: Carl Millöcker (bearbeitet von Ernst Reiterer) KA: Cranz C. 41178 UA: Sommer-Theater „Venedig“ Wien, 9.7.1904
Die Kaiserin (Fürstenliebe) Operette in drei Akten. T: Julius Brammer und Alfred Grünwald M: Leo Fall KA: Eibenschütz & Berté E. & B. 142 UA: Carltheater Wien, 1.2.1916
Kaiserin Josephine Operette in acht Bildern. T: Paul Knepler und Géza Herczeg M: Emmerich Kálmán KA: Octava O. Z. 520 UA: Stadttheater Zürich, 18.1.1936
Der kleine König. Operette in drei Akten. T: Karl von Bakonyí und Franz Martos. Deutsche Übersetzung und Texte der Gesänge von Robert Bodanzky M: Emmerich Kálmán KA: W. Karczag W. K. 118 UA: Theater an der Wien, 23.11.1912
Das Land des Lächelns. Romantische Operette in drei Akten T: Ludwig Herzer und Fritz Löhner M: Franz Lehár KA: Glocken-Verlag G. V. 111, UA: Metropoltheater Berlin, 10.10.1929
Die Landstreicher. Operette in zwei Akten und einem Vorspiele. T: L. Krenn und C. Lindau M: Carl Ziehrer KA: Doblinger D. 2388 UA: Sommertheater „Venedig“ Wien, 29.7.1899
Libellentanz (= La Danza delle Libellule) Operette in drei Akten T: Carlo Lombardi und Dr. A. M. Willner M: Franz Lehár KA: W. Karczag W. K. 1590 UA: Teatro Lirico Milano, 27.9.1922
Lysistrata. Operette in zwei Acten T: Heinz Bolten-Baeckers M: Paul Lincke KA: Apollo-Verlag KA: A. 325 V. UA: Apollotheater Berlin, 31.3. 1902
Madame Pompadour. Operette in drei Akten. T: Rudolf Schanzer und Ernst Welisch M: Leo Fall KA: Drei Masken-Verlag D. M. V. 2643 UA: Carltheater Wien, 2.3.1923
Madame Troubadour. Vaudeville Operette in drei Akten. T: B. Jenbach und R. Pohl M: Felix Albini KA: Ludwig Doblinger D 4118, UA: Zagreb, 3.4. 1907
My fair lady. Musical in zwei Akten. T: Alan Jay Lerner M: Frederick Loewe KA: Chappell 44169 UA: Mark Hellinger Theatre New York, 15.3.1956
Orphée aux enfers (Orpheus in der Unterwelt). Buffoneske Operette in zwei Akten (vier Bildern). T: Hector Crémieux und Ludovic Halevy. KA: Bote & Bock b & B 10779 UA: Bouffes Parisiens, 21.10.1858
Paganini. Operette in drei Akten. T: Paul Knepler und Béla Jenbach M: Franz Lehár KA: Glockenverlag G. V. 50, UA: Johann Straußtheater Wien, 30.10. 1925
Rund um die Liebe. Operette in drei Akten T: Robert Bodanzky und Friedrich Thelen M: Oscar Straus KA: Doblinger D 5433 UA: Johann Straußtheater Wien, 9.11.1914
Das süße Mädel. Operette in drei Akten. T: Alexander Landesberg und Leo Stein. M: Heinrich Reinhardt KA: Ludwig Doblinger D 2680, UA: Carltheater Wien, 25.10.1901
Die ungarische Hochzeit. Operette in einem Vorspiel und drei Akten. T: Hermann Hermecke M: Nico Dostal KA: Dreiklang-Dreimaskenverlag DDV 10194, UA: Staatstheater Stuttgart, 4.2.1939
Ein Walzertraum. Operette in drei Akten T: Felix Dörmann und Leopold Jacobson M: Oscar Straus KA: Doblinger D. 3653 UA: Carltheater Wien, 2.3.1907
Was Mädchen träumen. Operette in drei Akten. T: Leopold Jacobson und Robert Bodanzky M: Leo Ascher KA: W. Karczag W. K. 1411 UA: Raimundtheater Wien, 6.12.1919
Wiener Frauen (Der Klavierlehrer). Operette in drei Akten T: Ottokar Tann-Bergler und Emil Norini M: Franz Lehár KA: Emil Berté & Cie E. B.& Cie 295 UA: Theater an der Wien, 21.11.1902
Literatur
Anzenberger, F. 2000: Alfons Czibulka. Militärkapellmeister und Komponist. Wiener Stadt- und Landesbibliothek
Bauer, A. 1955: Opern und Operetten in Wien. Graz – Köln: Hermann Böhlaus Nachf.
Frey, S. 2001: „Unter Tränen lachen“ Emmerich Kálmán. Berlin: Henschel Verlag
Klotz, V. 2004: Operette. Porträt und Handbuch einer unerhörten Kunst. Erweiterte und aktualisierte Auflage. Kassel u.a.: Bärenreiter
Krones, H. (Hg.) 2013: 100 Jahre Österreichischer Komponistenbund . Präsens Verlag Wien
Schneidereit, Otto Paul: Lincke und die Entstehung der Berliner Operette. Berlin: Henschelverlag 1981
Schönherr, M. 1962: Lanner Strauss Ziehrer. Synoptisches Handbuch der Tänze und Märsche. Wien – München: Verlag Doblinger
Vernik-Eibl, S. 2011: Leben und Wirken der Komponisten Georg Jarno und Leo Ascher. Dissertation Universität Wien