Demonstration der Homosexuellen: Skandalscenen in der Komischen Oper!

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Das Freundschaftsblatt
8 July, 1927

This in an article from the magazine Das Freundschaftsblatt, 8 July, 1927, reporting on a ground breaking incident in the Berlin revue theater Komische Oper. This venue was situated next to the Admiralspalast and opposite the Großes Schauspielhaus; it was the third important revue theater of the 1920s in Berlin, run by James Klein. The following article is currently on display in the exhibition Homosexualität_en at the Deutsches Historische Museum.

Das Freundschaftsblatt, 1927.

Das Freundschaftsblatt, 1927.

In der Berliner Komischen Oper gelangt z. Zt. eine Revue mit dem Titel „Streng verboten“ zur Aufführung. Diese Revue ist im großen und ganzen nicht so schlecht, wie sie bei ihrer Uraufführung von der Presse kritisiert wurde, und es gibt einige sehr hübsche Bilder.

Das 14. Bild mit dem Titel „Im Klub der Freunde“, das eine Szene in einem homosexuellen Lokal darstellt, ist allerdings eine arge Entgleisung, die zu schärfstem Protest herausfordert. Die homosexuell Veranlagten werden hier als eine Karikatur dargestellt, wie man sie in Wirklichkeit nur selten, und dann nur in den sogenannten mondainen Tanzstätten der Lebenwelt findet. Diese Lokale werden in der Hauptsache nur von der heterosexuellen Halbwelt besucht und von solchen Existenzen, die im bürgerlichen Leben Fiasko erlitten haben und das Licht der Öffentlichkeit scheuen.

Diese Karikatur der Homosexuellen auf einer so großen Bühne wie die der Komischen Oper wirft natürlich ein ganz falsches Licht auf die Gesamtheit der Homosexuellen, und es war daher nicht verwunderlich, daß die große Masse der Homosexuellen sich dieses Zerrbild nicht länger gefallen lassen wollte. Daher kam es am Montag, dem 27. Juni, zu einem Theaterskandal, wie er in dieser Weise wohl noch nie in Berlin vorgekommen ist.

Die Mitglieder des Bundes für Menschenrecht, die seit Jahren einen erbitterten Kampf für ihre Befreiung von einem Schandparagraphen und für ihre Gleichberechtigung führen, waren in großer Anzahl an dem vorerwähnten Abend im Theater erschienen, und als das 14. Bild zur Darstellung gelangte, protestierten sie in der schärfsten Weisen. Als einer der Darsteller dieses alberne „Huch nein!“ sagte, setzte ohrenbetäubender Lärm ein. Es wurde gepfiffen, getrampelt, Pfui und Schlußrufe ertönten, dazwischen hörte man unzählige Stimmen, die da schrien: „Es ist eine Gemeinheit, eine Menschenklasse wegen ihrer Naturveranlagung so hinzustellen.“

Program for a revue at the Komische Oper in the 1920s.

Program for a revue at the Komische Oper in the 1920s.

Die Schauspieler waren auf eine solche Demonstration nicht gefaßt und gerieten aus dem Konzept, sie liefen nicht nur auf der Bühne durcheinander, die beiden männlichen und die weiblichen Darsteller, die die Homosexuellen verkörpern sollten, liefen sogar kopflos von der Bühne heruntern. […] Inzwischen war die Polizei eingeschritten, es waren wohl 20 bis 30 Beamte alarmiert worden, die die einzelnen Mitglieder des Bundes aufforderten, sich zu legitimieren, während die Angestellten des Theaters kopflos herumliefen. […] Eine ganze Anzahl verließ auf Aufforderung des Personals das Theater, um sich nicht des Hausfriedensbruches schuldig zu machen.

Die Direktion war anschließend von einer „befreundeten Seiten“ dahin instruiert worden, daß sich auf der 1. Vorsitzende des Bundes im Theater befinde, und so wurde auch dieser, trotzdem er sich nicht unter der demonstrierenden Masse befand, sondern im Parkett saß, herausgeholt. Auch er mußte sich legitimieren und wurde, wie der eine Angestellte sich ausdrückte, als Anführer der Demonstrierenden aus dem Theater gewiesen.

Die gesamte Berliner Presse sowie ein Teil der uns zugegangenen Provinzpresse hat von diesem Vorkommnis Notiz genommen, und erfreulicherweise haben alle Zeitungen den Namen „Bund für Menschenrecht“ gebracht und mit Recht betont, daß die Mitglieder des Bundes Recht haben, wenn sie sich gegen – die Verletzung der heiligsten Gefühle des Menschenrechts (wörtlich) – wehren.

Am anderen Tag verlangten weitere 150 Mitglieder des Bundes für Menschenrecht, E. V., Theaterkarten bei der Direktion der „Komischen Oper“. Daraufhin bat Dir. James Klein den Hauptvorstand des Bundes, die Sache doch nicht auf die Spitze zu treiben, er sei gern bereits, dieses Bild so abzuändern, daß die Mitglieder des Bundes keinen Anstoß daran nehmen könnten, zumal er persönlich keine Kenntnis davon gehabt habe, daß es eine so große Organisation der Homosexuellen gibt.

Dieser Vorgang zeigt uns, daß wir auch bei den politischen Parteien viel mehr erreichen würden, wenn die Mehrzahl der Homosexuellen nur die Courage hätte, öffentlich für ihr Recht einzutreten.

 

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