Reviewing The Swiss Operetta Scene: A Conversation With Simon Burkhalter

Kevin Clarke
Operetta Research Center
17 July, 2016

Young stage director Simon Burkhalter is busy putting Im weißen Rössl on in Bern, Switzerland, where the “slowest people in the world” live, supposedly. Burkhalter has previously produced shows as diverse as Gräfin Mariza, Die Räuber oder Geschichten aus dem Wienerwald. In a conversation with the Operetta Research Center he reflects on the operetta situation in Switzerland – and how new impulses from abroad, such as Barrie Kosky’s fast-paced operettas in Berlin, could influence the Swiss scene. Can it be stirred out of its “lethargy”? (The interview is in German.)

Young Swiss stage director Simon Burkhalter. (Photo: Private)

Young Swiss stage director Simon Burkhalter. (Photo: Private)

Obwohl Operetten in der Schweiz nach wie vor populär sind und regelmäßig gespielt werden, hat das Land keine nennenswerte eigene Operettentradition, vergleichbar mit Frankreich, Österreich, England oder selbst Italien. Woran könnte das liegen?

Ich glaube einer der zentralen Punkte ist, dass die Schweiz stets ein Land war, welches ohne eine eigene Monarchie auskam. Die Kultur des Musiktheaters wurde insbesondere in den Monarchien stark gepflegt, beispielsweise im Kaiserreich Österreich-Ungarn, das ist einer der wichtigsten Punkte, warum es in der „demokratischen“ Schweiz nur eine Handvoll Operettenkomponisten gab und zum anderen die Kultur von Operettenaufführungen an großen Häusern beinahe nicht existent ist, auch in der heutigen Zeit. Dadurch, dass in der Schweiz die Operette nicht wo stark verankert ist, gilt sie hierzulande oft als verstaubtes Relikt aus einer vergangenen Ära.

Rehearsals for "Im weißen Rössl" in Bern, 2016. (Photo: Private)

Rehearsals for “Im weißen Rössl” in Bern, 2016. (Photo: Private)

Gibt es in der Schweiz „Operettenzentren“, wo richtungsweisende Produktionen herauskommen? Oder ist die Szene verteilt aufs ganze Land, ohne „Leuchttürme“?

Die Schweiz hat viele Operettenbühnen auf dem Land, welche alle nach einem ähnlichen Schema laufen: Die Solisten, das Orchester und das Kreativ-Team sind professionelle Sänger, Musiker und Künstler, der Chor und alle anderen Beteiligten sind Amateure. Dies ist auch in unserer Produktion nicht anders. Richtungsweisende Aufführungen in der Schweiz zu finden, ist schwer, oft werden die Stücke sehr „klassisch“ inszeniert, mit viel „zeitechten“ Kostümen und einem „realistischen“ Bühnenbild. Diesem Modus wird unser Rössl ein bisschen entgegensteuern: die Kostüme und die Maske sind zwar in der Zeit gehalten, das Bühnenkonzept ist jedoch ziemlich luftig.

The ensemble of the "Weiße Rössl" production in Bern, 2016. (Photo: Private)

The ensemble of the “Weiße Rössl” production in Bern, 2016. (Photo: Private)

In den letzten Jahren hat es im deutschsprachigen Operettenbereich eine regelrechte Neuentdeckung des Genres gegeben: die Jazzoperetten der 1920er Jahre wurden wieder aufgeführt, Sex als selbstverständlicher Unterpunkt der Gattung wurde wieder betont (mit lasziven Tänzer_innen, freizügigen Andeutungen in der Textgestaltung, der entsprechenden Stückauswahl), die sogenannte „entartete Operette“ wurde als Beschäftigungsfeld vor allem für jüngere interessant usw. usf. Merkt man von all diesen Entwicklungen auch in der Schweiz etwas?

Vermehrt kommen nun auch in der Schweiz wieder Operetten auf den Spielplan, welche ab von Fledermaus und Co. sind. Gerade die großen Klassiker der Nachkriegszeit, wie zum Beispiel Maske in Blau, Viktoria und ihr Husar oder Im weißen Rössl erleben zurzeit auch in der Schweiz ein regelrechtes Revival.

Die Inszenierungen sind jedoch meist sehr brav, jedoch finde ich es an sich schon toll, wieder solche Stücke auf den Bühnen zu sehen.

Wie sind Sie selbst, als vergleichsweise junger Mensch, zur Operette gekommen? Was finden Sie daran spannend?

Ich bin von klein auf mit der Musik der Operette aufgewachsen, die Musik an sich finde ich zum einen unglaublich schön und zum anderen, was einem vielleicht nicht immer auf den ersten Blick auffällt sehr vielschichtig. In vielen Werken wird auf eine sehr spannende Art mit Themen und musikalischen Motiven umgegangen, welche immer wieder in neuer und abgewandelter Form vorkommen. Was mir an der Operette auch gefällt ist das latent zweideutige in den Texten, mit viel Augenzwinkern werden sprachlich die Figuren , welche meist eher Typen sind, durch den Abend geführt.  Was mich an der Operette auch immer interessiert ist der Wechsel von Schauspiel, Musik und Tanz. Dies findet man ja aber nicht nur in der Operette, sondern auch in Musicals, Spielopern oder Singspielen.

The chorus girls rehearsing a dance sequence for "Im weißen Rössl", Bern 2016. (Photo: Private)

The chorus girls rehearsing a dance sequence for “Im weißen Rössl”, Bern 2016. (Photo: Private)

Sie führen diesen Sommer in Bern das Weiße Rössl auf: die ultimative 1920er-Jahre-Jazzoperette, die später zur biederen Heimatschmonzette mutierte. Wie werden Sie das Stück spielen?

Das Stück in unserer Fassung wird mit viel Tempo gespielt. Ich versuche bei der Inszenierung nicht auf Klamauk zu setzen, sondern die Figuren mit ihren Problemen ernst zu nehmen. Die Wirtin an sich ist ja eine sehr vielschichtige Figur. Innerhalb dieser Figuren entsteht der Humor in unserer Inszenierung vor allem durch Tempo, und die schrägen Situationen. Meiner Meinung nach kann man nur Humor produzieren indem man die Situation ernst nimmt und nicht versucht um alles in der Welt eine Pointe herbeizuzaubern. In unserer Inszenierung kommt dem Chor eine sehr grosse Aufgabe zu Teil, sie amten als Sänger, Tanzen in kleineren Gruppen im Ballett und amten als Statisterie, der Einsatz des Chors in fast allen Szenen ermöglicht tolle Gruppenbilder, die Grenzen zwischen Solisten und solistischen Chorsängern verwischen. Ich glaube man muss sich überraschen lassen. Was außerdem sehr speziell ist an unserer Produktion ist die neue Orchesterfassung.

Die gesamte Musik wurde durch Bruno Leuschner für Streichorchester, Klavier und Schlagwerk umgearbeitet, was der Musik viele neue Farben und Schattierungen gibt.

Ist das Schweizer Publikum offen für Neues? Wie steht es speziell mit den Bernern?

Ich glaube schon, dass das Publikum offen ist. Man muss dem Publikum und den Bernern schliesslich auch etwas zutrauen.

One of the Bern soloists from "Im weißen Rössl," 2016. (Photo: Private)

One of the Bern soloists from “Im weißen Rössl,” 2016. (Photo: Private)

Gibt’s eine Anbindung Ihrer Gruppe bzw. der Berner Operettenszene an die lokale Hochschule/Universität?

In unserem Ensemble auf der Bühne und im Orchester spielen Studierende der Hochschule, ich finde es sehr wichtig, in solchen Produktionen auch junge Kräfte dabei zu haben. Der Austausch ist für beide Seiten jeweils sehr fruchtbar.

Welche anderen Stücke haben Sie schon gemacht und warum gerade diese?

Ich habe in über 20 Produktionen gespielt und mittlerweile etwa 15 Produktionen inszeniert, unter anderem Gräfin Mariza, Die Räuber oder Geschichten aus dem Wienerwald. Oftmals inszeniere ich Sprechtheater mit großen Ensembles, meist sind dies, neben den Inszenierungen von Klassikern,  Uraufführungen zu Themen, welche in der Schweiz die Leute beschäftigen, wie zum Beispiel die Thematik der Verdingkinder. Ich mag es viele Menschen in  bewegten Bildern in Szene zu setzen und damit Bilder zu schaffen, welche beim Publikum eine Emotion auslösen.

Warum lohnt es sich, als Auswärtiger die Reise nach Bern zu Ihrem Rössl zu machen?

Es lohnt sich, da das Stück in einer klassischen, erfrischenden unverstaubten Inszenierung auf die Bühne kommt, mit einem Ensemble welches unglaublich lustvoll auf der Bühne steht. Die Musik erklingt in neuem Gewand nach gewohnter Manier und ich glaube das wichtigste, als Publikum sollte man einfach neugierig sein, wie das Rössl in Bern wohl werden wird, denn es wird gut, versprochen!

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